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„Die Beamten […] mit dem bestmöglichen Rüstzeug für die Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben auszustatten“: Die Eröffnung der Verwaltungsakademie in Straßburg am 18. Dezember 1940

Am 18. Dezember 1940 versandte Adolf Hitler an den „Reichsminister und Chef der Reichskanzlei“ Hans-Heinrich Lammers das nachstehend zitierte Telegramm in die Bismarckstraße 5 nach Straßburg:

75 DPI Telegramm Straßburg

Das Glückwunschtelegramm Adolf Hitlers zu Eröffnung der Verwaltungsakademie Straßburg (18. Dezember 1940), BArch R43/4212, Bl. 146

„Ich danke Ihnen für die Meldung von der heute erfolgten Eröffnung der Verwaltungsakademie in Strassburg und wünsche der neuen Beamtenhochschule im alten deutschen Kulturlande am Oberrhein erfolgreiche Arbeit im Dienste der politischen und fachlichen Ausbildung der hier eingesetzten Beamtenschaft. Mit Deutschem Gruß Adolf Hitler“
Dieses Telegramm des „Führers“ entstammt einem interessanten Quellenbestand der Reichskanzlei aus dem Bundesarchiv in Berlin, der uns sehr detaillierte Einblicke in die Eröffnungsveranstaltung der Verwaltungsakademie in Straßburg ermöglicht. Im Zuge der Gebietsbesetzungen wurde auch das Netz der Verwaltungsakademien und ihrer Zweiganstalten immer weiter ausgebaut. Unmittelbar nach der Besetzung von Elsass-Lothringen im Juni 1940 wurde am 18. Dezember 1940 die Verwaltungsakademie in Straßburg feierlich eröffnet. Schon am 12. Dezember, sechs Tage vor der Eröffnungsfeier, zitieren die „Straßburger Neuesten Nachrichten“ den Reichsstatthalter und Gauleiter Robert Wagner: „Der nationalsozialistische Staat braucht ein politisch gefestigtes und fachlich hochstehendes Beamtentum. Die Neugestaltung auf allen Gebieten des staatlichen Lebens legt deshalb den Beamten und Behördenangestellten die besondere Pflicht auf, das neue Recht nach Inhalt und Sinn kennen zu lernen, um in der Lage zu sein, seine Ziele in ihrem Tätigkeitsbereich in die Tat umzusetzen. Die Verwaltungs-Akademie bietet hierzu eine Gelegenheit.“ Der unmissverständliche Anspruch eines „politisch gefestigten“ Beamtentums zeigt deutlich den Fokus dieser Bildungsstätten: politisch-weltanschauliche Schulungen sollten die Beamten im Sinne der Partei erziehen.

75 DPI Tagesprogramm Lammers

Repräsentative Termine – Das geplante Programm des Reichsminister Lammers und der badischen Amtsträger rund um die Eröffnungsfeier, BArch R43/4212, Bl. 133

Die Einweihung der Akademie stellt sich als bedeutendes Ereignis dar, wie die am 18. Dezember im Horst-Wessel-Saal des Sängerhauses in Straßburg vor sämtlicher badischer Politprominenz und zahlreichen Beamten und Behördenmitarbeitern aus dem Elsass stattfindende Eröffnungsfeier zeigt. Die Teilnehmerliste der Veranstaltung führt Namen aus Verwaltung, Wirtschaft, Militär und Politik: Neben Robert Wagner waren ebenso etwa Paul Schmitthenner, der Oberlandesgerichtspräsident aus Karlsruhe Heinrich Reinle, oder Reichsstudentenführer Gustav Adolf Scheel zum Festakt anwesend. Robert Wagner lud Reichsminister Lammers und die Begleiter der Reichskanzlei, die bereits am 17. Dezember anreisten und am Donnerstag den 19. Dezember abreisten, zum Mittagessen in die Reichsstatthalterei ein, wie aus dem minutiös geplanten Programm für den Reichsminister hervorgeht. Der neue Akademieleiter Karl Pflaumer, 1933-1945 badischer Innenminister und maßgeblich beteiligt an der „Gleichschaltung“ der badischen Verwaltung und Polizei, hielt nach der musikalischen Eröffnung der Veranstaltung das Grußwort. Auch Hans-Heinrich Lammers, der nach seinem NSDAP-Beitritt im Frühjahr 1932 als Jurist und Verwaltungsfachmann mit der Leitung der Reichskanzlei eine Schnittstelle zwischen den Reichsministerien und Hitler innehatte, trat in seiner Funktion als „Führer des Reichsverbandes Deutscher Verwaltungs-Akademien“ persönlich als Redner auf. Anders als bei den zahlreichen Neugründungen von Fortbildungseinrichtungen in den Ostgebieten habe es sich Lammers nicht nehmen lassen, persönlich zu erscheinen – „Das Elsaß nimmt von dieser Mitteilung mit großer Genugtuung Kenntnis“ ließen die „Straßburger Neuesten Nachrichten“ ihre Leser in einem ausführlichen Bericht der Eröffnungszeremonie am 19.12.1940 stolz wissen. Der Übernahme der Verwaltungspraxis im Elsass wurde im Zuge der „Besetzung“ offensichtlich große Aufmerksamkeit zuteil, wie sich auch in den Ausführungen des Reichsministers Lammers zeigt: Die Errichtung der Akademie statte die Beamten mit dem „bestmöglichen Rüstzeug für die Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben aus“, hier komme es „nicht auf das Wissen, sondern auf das Können an“, zu dem „vor allem die Tatkraft“ gehöre. Erst daraus erwachse „Charakter, praktische Erfahrung und nicht zuletzt das Wissen“.

Ein Akt der Inszenierung – Reichs- und Präsidialkanzlei bereiten die Übermittlung des Hitler-Telegramms intern vor (13. Dezember 1940), BArch R43/4212, Bl. 103

Ein Akt der Inszenierung – Reichs- und Präsidialkanzlei bereiten die Übermittlung des Hitler-Telegramms intern vor (13. Dezember 1940), BArch R43/4212, Bl. 103

In einer erschöpfenden Vorstellung der organisatorischen Ausbildungspraxis erkennt Lammers die Vorteile der Allgemeinheit „in der Erziehung des einzelnen Beamten“ durch die Akademien: Der noch „keineswegs überall ausgerottete Bürokratismus, jener Fehler der persönlichen Einstellung, der den toten Buchstaben vor das Leben, das Papier vor die praktischen Notwendigkeiten“ stelle, sei besonders für die Beamten eine Gefahr, der im Studium in den Akademien in neuem Streben begegnet werden könne. Es gehe schließlich darum, beim einzelnen „neue ethische Werte zur Entfaltung [zu bringen], die ganz in der Linie des bewährten deutschen Beamtenethos liegen.“ In Straßburg stehe zudem eine besondere Aufgabe im Fokus: „Die historische Bedeutung und Tragweite der Arbeit“ müsse den Beamten stets vor Augen stehen, denn es gelte, „im alten deutschen Elsaß das großdeutsche Reich fest zu verwurzeln“, es solle wieder ein „Kernland des Reiches“ werden. Dem Lob der Verdienste von Gauleiter Wagner und dem Akademieleiter Karl Pflaumer schließt sich ein Telegramm von Lammers an Hitler an. Nach der Verkündigung des oben zitierten Antworttelegramms des „Führers“ erklärte der Reichsminister die Akademie für eröffnet. Den Abschluss der Vorträge markierten die Ausführungen von Johann von Leers – ein fanatischer Antisemit und Schriftsteller im Dienste des Nationalsozialismus, der als Vortragender immer wieder im Kontext der Verwaltungsakademien auftaucht – über den „geschichtliche[n] Kampf um die deutschen Westlande“. Dem Schlusswort durch Pflaumer schlossen sich die bei derartigen Feierlichkeiten übliche „Führerehrung“ und Nationalhymne an. Dieser Festakt und die Reden wurden in zahlreichen Zeitungen weit über die badischen Landesgrenzen hinaus ausführlich thematisiert und erhielt damit erhebliche Aufmerksamkeit – Hans-Heinrich Lammers schrieb am 20. Dezember in seinem Dankschreiben an Pflaumer: Die Eröffnungsfeier in ihrem „überaus eindrucksvollen Rahmen und Verlauf“ würde ihm „stets in besonders angenehmer Erinnerung bleiben.“

75 DPI Schreiben Dank Lammers

Im Nachgang der Eröffnungsfeierlichkeiten sandte Hans-Heinrich Lammers auch an den Chef der Zivilverwaltung im Elsass Robert Wagner ein Dankschreiben (20. Dezember 1940) , BArch R43/4212, Bl. 147

Dieser Festakt bietet interessante Einblicke in einen Gründungsakt derartiger Beamtenbildungseinrichtungen im „Dritten Reich“ und besonders die Ausführungen von Hans-Heinrich Lammers eröffnen neben der erwarteten inhaltlichen Arbeit in dieser Akademie einerseits Einblicke in die gestellten Ansprüche und Erwartungen, die an die Beamten herangetragen wurden. Zugleich deuten sich aber in diesen Formulierungen des Reichsministers auch das Selbstverständnis und der Berufsethos der Beamtenschaft an. Andererseits wird zugleich die besondere Rolle des Standortes Straßburg hervorgehoben, in der die Beamtenschaft besondere Aufgaben zu erfüllen habe. Besonders interessant scheint vor diesem Hintergrund zu sein, ob und wenn ja, wie sich die Arbeit in der Akademie diesem Anspruch stellte.

Quelle:

Bundesarchiv R43/4212, Reichskanzlei: Eröffnung der Verwaltungsakademie Straßburg am 18. Dezember 1940

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