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Dr. Jonathan Schmid, Innenminister, Justizminister und Wirtschaftsminister

* 21.01.1888 Gebersheim (Oberamt Leonberg) † 15.7.1945 Langenargen. Evangelisch, Kirchenaustritt 1942.

schmid

100 Jahre Württembergischer Verwaltungsdienst. Festschrift. Herausgegeben vom Verein Württ.Verwaltungsbeamten e.V. Stuttgart 1937

Aus einer Bauernfamilie stammend, gelang Schmid der soziale Aufstieg durch das Abitur und juristische Studium an den Universitäten Tübingen und München, das er 1913 mit einer Dissertation zum Gesellschaftsrecht abschloss. Im Weltkrieg diente er im Feldartillerieregiment 49 und wurde bis zum Leutnant befördert. Der Rechtsanwalt war als Mitglied der musischen Studentenverbindung Stochdorphia im Land gut vernetzt und bald auch politisch aktiv. Er gründete 1923 die NSDAP-Ortsgruppe Leonberg und vertrat Parteigenossen vor Gericht. In seiner Druckerei wurde das Propaganda-Material der Partei hergestellt.

1932 in den Landtag gewählt, war Schmid 1933 kurzzeitig dessen Präsident, bevor er nach der Kabinettsumbildung im Mai 1933 das Innen- und Justizministerium übernahm. Dort fielen die meisten Entscheidungen zur Umgestaltung des Systems, von der Gleichschaltung der Verwaltung über die „Verreichlichung“ von Polizei und Justiz bis zu den Kommunalreformen, insbesondere auch die sogenannte „Euthanasie“ durch die für Gesundheit bzw. „Wohltätigkeit“ und Fürsorge zuständigen Abteilungen des Innenministeriums. Seit 1936 auch Wirtschaftsminister, betrieb Jonathan Schmid die Konzentration der Elektrizitätsversorgung (Energieversorgung Schwaben 1939). 1940 bis 1942 war er Chef des Verwaltungsstabes beim Militärbefehlshaber im besetzten Frankreich, wo der Jurist im Hotel Majestic unmittelbar neben den späteren Verschwörern des 20.Juli arbeitete. Zeitgenössische Beobachter wie Hans Speidel und Walter Bargatzky nahmen ihn nur als sachlich und persönlich bescheiden auftretende Leitungsfigur einer Gruppe aktivistischer NS-Beamter (darunter Werner Best) wahr.

So ist das Bild des Ministers Jonathan Schmid bisher widersprüchlich und unbestimmt. Neben der zentralen Position in den Verwaltungsapparaten von Stuttgart und Paris stand das gesellschaftliche Engagement im Schwäbischen Sängerbund, im Reitsport und beim Roten Kreuz. Der zeitlebens an Diabetes leidende Schmid verstarb  kurz nach Kriegsende in einem französischen Gefangenenlager am Bodensee.

Literatur

Ruck, Michael: Korpsgeist und Staatsbewusstsein. Beamte im deutschen Südwesten 1928 bis 1972, München 1996.
Borgstedt, Angela: Im Zweifelsfall auch mit harter Hand. Jonathan Schmid, Württembergischer Innen-, Justiz- und Wirtschaftsminister, in: Michael Kißener und Joachim Scholtyseck (Hrsg.): Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg, Konstanz 1997, S.595-621.

Biografie auf dem Onlineportal leo-bw

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