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Dr. Oswald Lehnich, Wirtschaftsminister

* 20.6.1895 in Rosenberg (Oberschlesien)  † 23.5.1961 Bad Ditzenbach. Evangelisch.

BArch Bild 183-2016-0202-500

Oswald Lehnich wuchs mit zwei Geschwistern in einem evangelischen Elternhaus in Oberschlesien auf. Als Kriegsfreiwilliger war er unter anderem in Polen im Fronteinsatz und wurde 1917 verwundet. Nach dem Krieg studierte er Rechts- und Staatswissenschaften sowie Nationalökonomie an der Universität Breslau, an der er 1920 promoviert wurde. Ehrgeizig strebte Lehnich, Experte für Industrie- und Kartellpolitik, eine akademische Laufbahn an, die 1932 mit einer außerordentlichen Professur in Tübingen gekrönt wurde. Allerdings konnte er seine Lehrtätigkeit nur ein Jahr lang ausüben, da sein Leben als „Multifunktionär (F. Raberg) zunehmend von seinen staatlichen Ämtern, unter anderem im Reichswirtschaftsministerium sowie in Industriegremien, bestimmt wurde. Von März 1933 bis Januar 1936 fungierte er als Leiter des württembergischen Wirtschaftsministeriums, von Juli 1933 bis Dezember 1935 im Range eines Staatsministers. Zusätzlich war er von 1935 bis 1939 Präsident der Reichsfilmkammer, bis er auch aufgrund von Differenzen mit Propagandaminister Joseph Goebbels zurücktrat.

Lehnich war seit 1931 Mitglied der NSDAP und Förderndes Mitglied der SS, seit 1935 SS-Oberführer. Insofern bescheinigt ihm sein Biograf eine nationalsozialistische Überzeugung, auch wenn Lehnich aufgrund seiner fachlichen Reputation an die Spitze seines Ressorts gelangt war. 1939 hatte er zwei Autounfälle und musste sich aus dem Berufsleben zurückziehen. Seit 1939/40 begann Lehnich verstärkt Kontakte zu regimekritischen Kreisen zu knüpfen. Am 23. Mai 1945 wurde er von der französischen Besatzungsmacht verhaftet und ins Lager Balingen verbracht, 1947 in die Universitäts-Nervenklinik in Tübingen verlegt. Seine Haftzeit endete im Januar 1949. Zweimal wurde er im Spruchkammerverfahren als „entlastet“ eingestuft, zweimal versagte die französische Militärregierung die Anerkennung dieses Spruchs. Im März 1950 wurde er endgültig als „Minderbelasteter“ bzw. als „Mitläufer“ bewertet. Oswald Lehnich konnte in den 1950er Jahren wieder begrenzt publizistisch auf seinem Fachgebiet tätig sein. Im Alter von 65 Jahren erlag er einem Herzinfarkt.

Literatur

Klee, Ernst: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Frankfurt am Main 2007.
Marcon, Helmut u. a.: 200 Jahre Wirtschafts- und Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Tübingen 2004.
Raberg, Frank: Wirtschaftspolitiker zwischen Selbstüberschätzung und Resignation. Oswald Lehnich, württembergischer Wirtschaftsminister, in: Michael Kißener, Joachim Scholtyseck (Hrsg.): Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg. Konstanz 1997, S. 333–359
Sauer, Paul: Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus. Ulm 1975.

Biografie auf dem Onlineportal leo-bw

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