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Walter Köhler, Ministerpräsident, Finanz- und Wirtschaftsminister

Walter Köhler, 1929

GLA Karlsruhe 231 Nr. 2937 (980)

Walter Köhler wurde am 30. September 1897 in Weinheim geboren. Nach einer Banklehre in Ladenburg meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger und geriet 1916 in britische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Freilassung 1918 führte er in der elterlichen Kolonialwarenhandlung in Weinheim die Geschäfte.

Zunächst Mitglied des deutschvölkischen Schutz- und Trutzbunds und Leiter der deutschnationalen Jugend in Weinheim, trat er am 20. Juni 1925 der NSDAP bei und übernahm die Leitung der Ortsgruppe sowie des Kreises Weinheim. 1926 wurde Köhler Stadtverordneter in Weinheim, 1929 Mitglied des Badischen Landtags und Vorsitzender der NSDAP-Fraktion. Auch fungierte er als stellvertretender Gauleiter von Baden und wurde während der Abwesenheit von Gauleiter Robert Wagner 1932/33 mit dessen Aufgaben betraut.

Am 11. März 1933 wurde Köhler zum kommissarischen Leiter des Badischen Finanzministeriums ernannt, knapp zwei Monate später, am 6. Mai, zum Badischen Ministerpräsidenten sowie Finanz- und Wirtschaftsminister. Nach eigener Aussage räumte er in seiner Politik den Landesinteressen weitgehend Priorität vor eventuellen Parteiinteressen ein und legte auf die fachliche Befähigung der Beamten seiner Ministerien mehr Wert als auf deren Parteizugehörigkeit. Ob und inwieweit seine Darstellung zutreffend ist, gehört zu den im Forschungsprojekt zu klärenden Fragen.

Auch auf der politischen Bühne in Berlin war Köhler präsent: Seit Dezember 1933 als Mitglied des Reichstages sowie vor allem als Leiter der Rohstoffabteilung beim Vierjahresplan 1936/37. Nach der Angliederung des Elsass an den Gau Baden 1940 wurde er Leiter der Finanz- und Wirtschaftsabteilung beim Chef der Zivilverwaltung im Elsass, Robert Wagner. Sein Amt als Ministerpräsident und Finanz- und Wirtschaftsminister von Baden behielt er neben all diesen Tätigkeiten bei; zudem bekleidete er weitere wirtschaftspolitische Schlüsselpositionen wie die Leitung der Wirtschaftskammer Baden beziehungsweise ab 1943 das Präsidentenamt der Baden und das Elsass umfassenden Gauwirtschaftskammer Oberrhein oder den Vorsitz der Rüstungskommission Oberrhein.

Entgegen der in den letzten Kriegstagen erfolgten Anweisung Wagners, angesichts der heranrückenden französischen Armee Karlsruhe zu verlassen, blieb Köhler dort und ließ sich gefangen nehmen. Wagner enthob ihn seiner Ämter, schloss ihn aus der Partei aus und strengte ein – nicht mehr durchgeführtes – Standgerichtsverfahren gegen Köhler wegen Hoch- und Landesverrat an.

Nach dreijähriger Internierungshaft wurde Köhler 1948 im ersten Spruchkammerverfahren trotz seiner Funktionen und Parteiämter als „Minderbelasteter“ eingestuft, ein zweites Verfahren 1950 verurteilte ihn als „Belasteter“. Nach Kriegsende arbeitete er zunächst als Handelsvertreter, dann als Leiter einer Versicherungsagentur in Karlsruhe. Walter Köhler starb am 9. Januar 1989 in Weinheim.

Blogartikel mit Bezug zu Walter Köhler:

Katrin Hammerstein: Kriegsteilnehmer, jung, Parteigenosse. Bemerkungen zu den badischen Ministern
Moritz Hoffmann: War Hitler Vegetarier? Eine Anekdote als Aufgabe für Historiker

Weiterführende Literatur:

Bräunche, Ernst Otto: Ein „anständiger“ und „moralisch integrer“ Nationalsozialist? Walter Köhler, Badischer Ministerpräsident, Finanz- und Wirtschaftsminister, in: Michael Kißener und Joachim Scholtyseck (Hrsg.): Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg, Konstanz 1997, S. 289-311.

Biografie auf dem Onlineportal leo-bw

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