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Die Allgemeine Beamtenuniform des Ministerialdirektors Friedrich Karl Müller-Trefzer. Oder: Was leitende Beamte ohne Parteiuniform trugen

Friedrich Karl Müller-Trefzer in blauer Beamtenuniform, 1944 (Foto: Privatbesitz) | Klicken zum Vergrößern

Für die Repräsentation des nationalsozialistischen Staates gegenüber der eigenen Bevölkerung, den Menschen in den besetzten Gebieten und dem Ausland spielten Uniformen eine wichtige Rolle. Schon vor der Machtergreifung 1933 hatten insbesondere die Braunhemden der SA eine große Bedeutung für Auftreten und Selbstverständnis der Nationalsozialisten gehabt. Trotzdem bilden Uniformen in der geschichtswissenschaftlichen Forschung zum Nationalsozialismus ein nur selten bearbeitetes Forschungsfeld. Daher ist es nicht immer leicht, die auf Fotografien getragenen Uniformen eindeutig zuzuordnen. Dies gilt insbesondere für jene Uniformen, die nur von einem eher kleinen Personenkreis getragen wurden. Ein Beispiel für eine solche Uniform findet sich auf einer Fotografie, die den bereits an anderer Stelle vorgestellten Ministerialdirektor Friedrich Karl Müller-Trefzer zeigt, der ab 1933 im badischen Staatsministerium unter Ministerpräsident Walter Köhler als Leiter der Staatskanzlei tätig war.

Im Rahmen der Vorbereitungen zur Publikation seiner Nachkriegserinnerungen wurde auch nach passenden Fotografien gesucht. Eine auf der Rückseite auf 1944 datierte Schwarzweiß-Fotografie, die von Müller-Trefzers Nachfahren für das Projekt zur Verfügung gestellt wurde, zeigt ihn in einer dunkelblauen Uniform. Anders als auf den meisten anderen Fotografien, die Beamte und Politiker aus den badischen Ministerien in Uniform zeigen, handelt es sich um keine Uniform der SA, SS oder einer anderen nationalsozialistischen Parteiorganisation. Stattdessen trägt er die sogenannte Allgemeine Beamtenuniform, die reichsweit einheitlich gestaltet war. Die Einführung dieser Uniform Ende der 1930er Jahre war Teil der Bestrebungen der Nationalsozialisten, zum einen durch die Uniformierung verschiedenster gesellschaftlicher Bereiche ihren totalitären Herrschaftsanspruch geltend zu machen und zum anderen die bis dato recht bunte, historisch gewachsene Uniformenlandschaft in den Ländern zu vereinheitlichen.

Einem Rundschreiben des Reichsinnenministeriums vom 1. August 1938 zufolge hatte Hitler beschlossen, die Uniform nach dem Vorbild der zuvor geschaffenen Diplomatenuniform gestalten zu lassen. Über die genauen Details und die Farbe der Bekleidung wollte er dem Schreiben nach zu einem späteren Zeitpunkt persönlich entscheiden. Die Beamtenuniform war vor allem für öffentliche Auftritte jener Beamter vorgesehen, die über keine Uniform einer Parteiorganisation verfügten. Beamte, die bereits die Uniform einer Organisation der NSDAP hatten, wurden daher im Erlass Hitlers vom 30. März 1939 von der Verpflichtung, die neue Beamtenuniform bei öffentlichen Veranstaltungen  zu tragen, ausgenommen. Diese Ausnahme folgte der damals betriebenen Politik, das Tragen der Uniformen von Parteiorganisationen durch Beamte zu fördern und spiegelte damit das Ideal einer möglichst engen Verzahnung von Staat und nationalsozialistischer Bewegung wider. In Baden war es den Bediensteten des badischen Staates bereits kurz nach der Machtübernahme gestattet worden, ihren Dienst in den Uniformen der NSDAP oder ihr nahestehender Organisationen zu verrichten (siehe Bild).

Abschrift eines Erlasses des Beauftragten des Reichs vom 24. März 1933 (GLA Karlsruhe 233/24044) | Klicken zum Vergrößern

Ein Jahr nach Hitlers Erlass wurde am 12. März 1940 die Uniformvorschrift zur Beamtenuniform im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Auf Landesebene war es gemäß Anlage A dieser Vorschrift nur den Staatssekretären, Ministerialdirektoren und den Leitern geschlossener Unterabteilungen gestattet, die  blaue Beamtenuniform zu tragen. Die Anzahl an Personen mit dieser Uniform in Baden war also durchaus begrenzt, zumal es die Funktion des Staatssekretärs hier  nicht gab. Zudem war es, wie erwähnt, Beamten erlaubt, anstelle ihrer dienstlichen Uniform Uniformen von nationalsozialistischen Organisationen zu tragen.

Da die Beschaffung einer Uniform durchaus eine kostspielige Angelegenheit war, gewährte man den Trägern der Beamtenuniform eine Anschaffungsbeihilfe in Höhe von bis zu 750 Reichsmark. Später folgte noch eine zusätzliche Beihilfe für die Instandhaltung über 60 Reichsmark jährlich. In den besetzten Gebieten wurde der doppelte Satz von 120 Reichsmark ausbezahlt.

In welchem Umfang der tägliche Dienst in den badischen Ministerien uniformiert verrichtet wurde, lässt sich heute kaum mehr mit Sicherheit sagen. In den Akten finden sich allerdings Belege, dass zu zahlreichen Veranstaltungen das Tragen von Uniformen angeordnet wurde. Die Beamtenuniform konnte dazu dem Anlass entsprechend angepasst werden. Für besondere Veranstaltungen konnte die Uniform mit Feldbinde, Achselstücken, vergrößerten Versionen der Orden und einer Hose mit seitlichen Streifen anstelle der normalen Tuch- oder Stiefelhose optisch aufgewertet werden. Anfang 1942 fürchteten die Verantwortlichen jedoch, dass das öffentliche Tragen dieser Galauniform vor dem Hintergrund der kriegsbedingten Einschränkungen Unmut in der zur Kleiderversorgung auf Bezugsscheine angewiesenen Bevölkerung wecken könnte. Daher wurde deren Nutzung auf jene Anlässe beschränkt, bei denen ausländische Würdenträger anwesend waren.

Muster der Beamtenuniform (aus: RGBl Nr. 42, 12. März 1940) | Klicken zum Vergrößern

Angesichts der Bedeutung von Uniformen im „Dritten Reich“ verwundert es auch nicht, dass ihr Tragen auch als Entlastungsargument in den Spruchkammerverfahren zur Entnazifizierung auftauchte. In zahlreichen Schreiben bescheinigten Kollegen, Nachbarn oder Bekannte den Ministerialbeamten, diese nie in nationalsozialistischen Uniformen gesehen zu haben. Dabei wurde versucht, das Nichttragen einer Uniform als Ausdruck einer innerlichen Ablehnung des Nationalsozialismus darzustellen, um so eine günstigere Einstufung zu erhalten und Strafmaßnahmen wie Entlassung, Zurückstufung oder Geldstrafe möglichst zu entgehen.

Auch die Orden, die Müller-Trefzer auf dem Bild trägt, sind von Interesse. Unter anderem können sie helfen, die Datierung des Fotos zu bestätigen. Das auffällige Kreuz an seiner Brust ist hier besonders aufschlussreich. Es handelt sich um das 1939 eingeführte Kriegsverdienstkreuz erster Klasse. Im Unterschied zur zweiten Klasse trugen die Träger der ersten Klasse zusätzlich zur Ordenspange auch das Kreuz auf der Brust. Die erste Klasse des Kriegsverdienstkreuzes war Müller-Trefzer erst im September 1943 verliehen worden – für einen Beamten seines Ranges recht spät. Diese späte Verleihung traf ihn offenbar so sehr, dass er sich sogar in seinen Memoiren aus den 1950er Jahren noch darüber beklagte. Mithilfe dieser Auszeichnung lässt sich die Entstehung des Fotos recht sicher auf nach 1943 eingrenzen, womit auch die rückseitige Datierung auf 1944 authentisch erscheint.

 

Quellen und Literatur:

GLA 233/24044
GLA 233/24045
Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Einführung einer Beamtenuniform vom 30. März 1939, Reichsgesetzblatt Nr. 72 vom 17. April 1939.
Uniformvorschrift des Reichsministers des Innern zum Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Einführung einer Beamtenuniform vom 8. März 1940, Reichsgesetzblatt Nr. 42 vom 12. März 1940.
Müller-Trefzer, Friedrich Karl: Erinnerungen aus meinem Leben (1879–1949). Ein badischer Ministerialbeamter in Kaiserreich, Republik und Diktatur, bearb. von Frank Engehausen und Katrin Hammerstein (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A, Bd. 60), Stuttgart 2017.

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