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Die Trauerfeierlichkeiten für den badischen Kultusminister Otto Wacker 1940

Scanned ImageDer politische Stellenwert der Landesministerien in Baden und in Württemberg spiegelt sich auch in ihren repräsentativen Handlungen wider, die zu untersuchen eines der Anliegen des Forschungsprojekts ist. Hierbei sind verschiedene Aspekte von Interesse, etwa die Frage, inwiefern sich die Landesministerien in bewusstem Bruch mit der Symbolpolitik der demokratischen Vorgängerregierungen um die Etablierung eigenständiger Repräsentationsformen bemühten, die Identitätszuschreibungen der Akteure, die als Staats- beziehungsweise als Parteimänner auftreten konnten, oder auch die Rangordnungen, in denen die Stellung der Landesminister zu den Vertretern von Reich und Partei ablesbar wird. Exemplarisch lassen sich diese Aspekte anhand der Trauerfeierlichkeiten für den badischen Kultusminister Otto Wacker aufzeigen, der am 14. Februar 1940 in Karlsruhe an den Folgen einer schweren Herzerkrankung starb, die er sich im Vorjahr zugezogen hatte.

Wie schwierig es sein konnte, die Handlungen von Ministerialbürokratie, Reichsstatthalterei und Partei auseinanderzuhalten, zeigt sich beim Blick auf die Zuständigkeit für die Organisation der Trauerfeierlichkeiten, für deren ersten, in Karlsruhe stattfindenden Teil der Leiter der badischen Staatskanzlei, Dr. Hermann Theobald, mitverantwortlich war. In der Einleitung einer Aktenaufzeichnung hierüber, die er am 17. Februar anfertigte, schildert er zunächst seine eigene Stellung: Er sei zum Zeitpunkt von Wackers Tod „zur Reichsstatthalterei zur Dienstaushilfe“ abgeordnet, aber „von dort aus zum Teil auch für die Staatskanzlei tätig gewesen“. In der Sache selbst habe er im Auftrag des Reichsstatthalters und „zugleich auch im Namen des Herrn Ministerpräsidenten“ telefonisch die Präsidialkanzlei des „Führers“ über den Todesfall unterrichtet und die Anordnung eines Staatsbegräbnisses angeregt. Als aus Berlin die Antwort kam, dass ein „Staatsbegräbnis von reichswegen“ nicht in Frage käme, gegen ein „Staatsbegräbnis auf Landeskosten“ aber keine Einwände bestünden, beauftragte Reichsstatthalter Robert Wagner den leitenden Beamten des badischen Kultusministeriums, Ministerialdirektor Karl Gärtner, mit der Durchführung einer Trauerfeier der Landesregierung im früheren Sitzungssaal des Karlsruher Ständehauses – eine bemerkenswerte Wahl, da der seit fast sieben Jahren nicht mehr zu seinem ursprünglichen Zweck genutzte Veranstaltungsort sehr unterschiedliche Reminiszenzen an die 1933 unterbrochenen parlamentarischen Traditionen des Landes hervorzurufen vermochte.

Wacker-Straßburger Monatshefte 6 1942 H2_bearb Kopie

Otto Wacker, Büste von Prof. Otto Schließler, Karlsruhe, in: Straßburger Monatshefte. Zeitschrift für das deutsche Volkstum am Oberrhein 6 1942 (2), S. 77

Auch wenn die Grundsatzentscheidungen über die Organisation beim Reichsstatthalter lagen, so hielt sich Wagner doch bei der Karlsruher Trauerfeier am 16. Februar im Hintergrund. Er führte die Witwe Wackers gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten Walter Köhler in den Landtagssaal, überließ dann aber jenem die Bühne. Neben Köhler traten als weitere Trauerredner Ministerialdirektor Gärtner für das badische Kultusministerium und als Beauftragter des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Paul Schmitthenner auf – offenkundig in seiner Eigenschaft als Rektor der Universität Heidelberg und nicht als Staatsminister im badischen Staatsministerium. Die Parteiformationen – Offiziere der SS-Verfügungstruppe hielten die Ehrenwache am Sarg – waren selbstverständlich auch präsent, aber dennoch wurde die Karlsruher Trauerfeier als ein Staatsakt inszeniert, was sich auch in der musikalischen Umrahmung (Stücke von Bach und Beethoven) ausdrückte.

Ein ganz anderes Bild bot sich beim zweiten Teil der Trauerfeierlichkeiten, der Beisetzung Wackers am 17. Februar in Offenburg, die in Regie der dortigen Kreisleitung der NSDAP „im Auftrag und im Benehmen mit dem Herrn Reichsstatthalter“ durchgeführt wurde. Hier fungierte Wagner als einziger Redner und nutzte die Gelegenheit, vor allem die Verdienste Wackers für die Partei, namentlich sein Wirken als Hauptschriftleiter des Parteiblatts „Der Führer“ von 1928 bis 1933, zu würdigen. Die Kranzniederlegungen der „führenden Männer von Partei, Staat und Wehrmacht“ erfolgten „unter den Klängen des SS-Treueliedes“, und zum Abschluss der Trauerfeier präsentierte die Ehrenkompanie der Waffen-SS das Gewehr, „während der Musikzug die Weisen des Deutschland- und Horst-Wessel-Liedes spielte“ (Der Führer, 18.2.1940).

Dr. Otto Wacker, Porträt des Karlsruher Malers Oskar Hagemann, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Inv.Lg0251

So deutlich wie beim Ablauf der Veranstaltungen in Karlsruhe und in Offenburg war die Trennung zwischen Staats- und Parteibelangen bei der finanziellen Abwickelung der Trauerfeierlichkeiten nicht. Vielmehr ging diese – das legen zumindest die bisher eingesehenen Quellen nahe – ganz auf die Staatskasse, denn mit Staatsministerialentschließung vom 15. März 1940 wurden die Kosten des Ehrenbegräbnisses „auf die dem Herrn Ministerpräsidenten für besondere Fälle zur Verfügung stehenden Haushaltmittel übernommen“. Gleiches galt auch für das Gros der Kosten einer Bildnisbüste, mit deren Anfertigung „auf Veranlassung des Herrn Reichsstatthalters“ das Kultusministerium Otto Schließler von der Karlsruher Hochschule der bildenden Künste beauftragt hatte. Die Ausführung der Büste in Stein, die für die Repräsentationszwecke des Kultusministeriums vorgesehen war, sowie zwei Bronzeabgüsse für die Witwe Wackers und die Stadt Offenburg wurden vom Staatsministerium bezahlt, während die badische Gauleitung der NSDAP den ihr zugedachten dritten Bronzeabguss selbst finanzierte.

Der Verbleib der 1940 von Otto Schließler gefertigten Bildnisbüsten Wackers muss momentan als ungeklärt gelten. Anders verhält es sich mit einem anderen Kunstwerk, das offenkundig ebenfalls in Zusammenhang mit den Trauerfeierlichkeiten entstanden und in den Beständen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe überliefert ist: ein Ölporträt des verstorbenen Kultusministers Wacker aus der Hand des Karlsruher Malers Oskar Hagemann, der im Übrigen schon vor der nationalsozialistischen Machtübernahme gelegentlich als politischer Auftragskünstler tätig gewesen war und sowohl den ersten (den Sozialdemokraten Anton Geiß) als auch den letzten demokratischen Staatspräsidenten Badens (den Zentrumspolitiker Josef Schmitt) porträtiert hatte.

 

Quelle:

GLA Karlsruhe 233 Nr. 23854

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  • G.Reuchlen sagt:

    Mich würde interessieren, wieviel Rente die Witwe eines NS-Verbrechers in de BRD, also nach 1945, bekommen hat ?
    Im Voraus Danke für eine ehrliche Antwort

    • Frank Engehausen sagt:

      Wackers Witwe erhielt nur bis April 1945 Pension und Waisengelder für ihre noch unmündigen Kinder. Um festzustellen, ob die Unterhaltsansprüche fortbestehen, wurde 1951 posthum ein Spruchkammerverfahren gegen Otto Wacker eingeleitet. Die Spruchkammer konnte keine Tatsachen erkennen, „wegen denen der Verstorbene als materiell Hauptbeschuldigter oder Belasteter einzureihen wäre“. Da zu diesem Zeitpunkt allein in diesen Fällen noch Verfahren durchgeführt wurden, stellte die Spruchkammer die Ermittlungen ein. Damit war der Weg frei für die Wiederaufnahme der Zahlung von Waisengeldern. Eine Witwenpension für Wackers Frau stand zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Diskussion, da sie unterdessen wieder geheiratet hatte. In welcher Höhe sich die wieder aufgenommenen Zahlungen bewegten, ob für die Zeit vom Mai 1945 bis 1951 die Waisengelder in voller Höhe nachgezahlt wurden und ob Wackers Frau für die Zeit vom Kriegsende bis zur ihrer Wiederverheiratung nachträglich die Witwenpension zugesprochen wurde, kann ich im Moment nicht beantworten. Nicht nur im Falle Wackers, sondern auch der übrigen badischen und württembergischen NS-Landesminister sollen ihre Entnazifizierungsverfahren und die mit ihnen zusammenhängenden Fragen ihrer Versorgungsansprüche im Rahmen des Forschungsprojekts gründlich dokumentiert werden.

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