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„Baden 1933“ – ein von Geschichtswissenschaft, Schule und historisch-politischer Bildungsarbeit gemeinsam erstelltes Materialien-Heft

Katrin Hammerstein, Mitarbeiterin des Forschungsprojekts „Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus“, hat auf dem Blog der Heidelberg School of Education (HSE) über die Publikation „Baden 1933. Die nationalsozialistische Machtübernahme im Spannungsfeld von Landes- und Reichspolitik“ berichtet. Das Heft wurde von Frank Engehausen und Katrin Hammerstein, beide Mitglieder des Heidelberger Projektforschungsteams, gemeinsam mit Ulrike Falkner und Elli Plett, die als Lehrerinnen an dem 2016 durchgeführten „Denkwerk“-Programm der Robert Bosch Stiftung beteiligt waren, erarbeitet und von der Landeszentrale für politische Bildung im September 2017 herausgegeben.

Das MATERIALIEN-Heft „Baden 1933“ | Klicken zum Vergrößern

Im Mai dieses Jahres hat das von der Baden-Württemberg Stiftung geförderte Projekt „Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus“ bei einer Landespressekonferenz zentrale Ergebnisse seiner Forschungen präsentiert. Über die wissenschaftliche Untersuchung von Rolle und Handlungsspielräumen der Landesverwaltungen und ihrer Beamten während der NS-Diktatur hinaus hatte das Projekt, das von 2014 bis 2017 an den Universitäten Bonn, Erfurt, Freiburg, Heidelberg und Stuttgart bearbeitet wurde, ein weiteres Anliegen: die Kommunikation seiner Forschungstätigkeit und Zwischenergebnisse in die Öffentlichkeit und die Interaktion mit der Öffentlichkeit, parallel zum Forschungsprozess.

Kooperationen des Forschungsprojekts

Neben regelmäßigen Blogbeiträgen auf dem Online-Portal www.ns-ministerien-bw.de sowie Tagungen und Workshops gehörten dazu auch Kooperationen mit Schulen und der Lehrerausbildung. So wurden im Rahmen eines universitären Fachdidaktik-Kurses am Historischen Seminar der Universität Heidelberg von Lehramtsstudierenden Unterrichtsmaterialien auf Basis der vom Projekt erschlossenen Quellenmaterialien entwickelt. Ein „Denkwerk“-Programm der Robert Bosch Stiftung ermöglichte Schülerinnen und Schülern von zwei Gymnasien der Region nicht nur Einblicke in das wissenschaftliche Arbeiten, sondern auch die aktive Teilnahme daran. Im September 2017 wurde dann bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg das Heft „Baden 1933. Die nationalsozialistische Machtübernahme im Spannungsfeld von Landes- und Reichspolitik“ veröffentlicht. Die Publikation, dessen Textteil von zwei Mitgliedern des Heidelberger Forschungsteams (Frank Engehausen und Katrin Hammerstein) verfasst wurde, während zwei der am „Denkwerk“ beteiligten Lehrerinnen (Ulrike Falkner und Elli Plett) die didaktische Aufbereitung besorgten, ist in der Reihe MATERIALIEN erschienen und ist über die Seite des Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg online abrufbar.
Die Lese- und Arbeitshefte dieser Reihe kombinieren die Vermittlung historischen Wissens mit praktischen Anregungen für die Bildungsarbeit. Ihre Themen fokussieren regionale Beispiele und werden in der Regel in Zusammenarbeit mit den Gedenkstätten im Land erarbeitet. Entsprechend lassen sich die Hefte im Schulunterricht ebenso wie in der Jugend- und Gedenkstättenarbeit einsetzen und stellen damit ein Angebot dar, schulisches und außerschulisches Lernen miteinander zu verbinden, wie es auch in den Bildungsplänen eingefordert wird.

Aktuelle Forschungen als Angebot für den Schulunterricht

Für das Projekt „Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus“, das bei dem hier vorgestellten Heft Kooperationspartner der Landeszentrale war, ergab sich somit die Chance, Teile seiner Forschungsergebnisse einem breiteren Publikum zugänglich und seine ausgiebigen Quellenrecherchen und -funde für die geschichtspädagogische Arbeit und Demokratieerziehung fruchtbar zu machen. Gerade der Blick auf die Landesebene, in diesem Fall auf Baden, macht deutlich, wie fadenscheinig die von den Nationalsozialisten propagierte „Legalität“ der „deutschen Revolution“ war. Denn im Unterschied zum Reich erfolgte die Errichtung der NS-Herrschaft in dem südwestdeutschen Land nicht auf den Trümmern eines ohnehin instabilen Systems, sondern sie hatte die Entmachtung einer demokratischen Regierung mit parlamentarischem Rückhalt zur Voraussetzung. Weiterhin wird anhand des Regionalbeispiels nachvollziehbar, dass der nationalsozialistische Herrschafts- und Repressionsapparat nicht zentral, von Berlin aus „ferngesteuert“ wurde. Vielmehr trugen zahlreiche Täter, Mittäter und Unterstützer vor Ort zum Funktionieren der NS-Diktatur bei. Die landesgeschichtliche Perspektive kann hierfür sensibilisieren und so zu einem vertieften Verständnis der Geschichte des Nationalsozialismus beitragen. Besonderes Augenmerk gilt in dem MATERIALIEN-Heft daher den lokalen Akteuren sowie den Wechselbeziehungen von Landes- und Reichspolitik.

Der Aufbau des Hefts

Aus dem Textteil des Hefts | Klicken zum Vergrößern

In 15 Texteinheiten wird die nationalsozialistische Machtübernahme und „Gleichschaltung“ in Baden im Jahr 1933 geschildert. Nach einem Blick auf die Vorgängerregierungen und die Parteienlandschaft vor 1933 liegt der Schwerpunkt dann auf den politischen Entwicklungen von den Reichstagswahlen im März bis zur Selbstentmachtung des Landtags im Juni 1933. Maßnahmen wie die „Gleichschaltung“ der Polizei und personelle „Säuberungen“, die Verfolgung politischer Gegner und der jüdischen Bevölkerung, die Einsetzung des Reichsstatthalters und der kommissarischen wie endgültigen Landesregierung, aber auch kultur- und propagandapolitische Aspekte dieser Etablierungsphase der nationalsozialistischen Diktatur werden unter anderem thematisiert. Korrespondierend zu den Textabschnitten finden sich im zweiten Teil des Hefts Arbeitsmaterialien und Aufgaben. Mit zahlreichen Quellen wie etwa der Regierungserklärung des nationalsozialistischen badischen Ministerpräsidenten oder Briefen des in „Schutzhaft“ genommenen und 1934 ermordeten SPD-Reichstagsabgeordneten Ludwig Marum (1882–1934), mit historischem Bildmaterial sowie Schaubildern und Statistiken werden hier Vorschläge für die (nicht nur) schulische Arbeit mit Jugendlichen gemacht. Diese können auch als Doppelseiten kopiert und ausgegeben werden. Ergänzend enthält das Heft vier „Didaktische Zugänge“, die Informationen und Anhaltspunkte für die Arbeit im Archiv, Reden und Fotografien als Quellen sowie Gedenkstättenbesuche geben. Am Schluss des Hefts werden außerdem Begleitmaterialien zur Verfügung gestellt, so zum Beispiel eine bebilderte Übersicht der Schauplätze der Machtübernahme in Baden, eine Zeittafel und eine Karte der Gedenkstätten und Erinnerungsorte im Land Baden-Württemberg. Auch das Projekt Lernort Kislau und die Erinnerungsstätte Ständehaus stellen sich hier vor.
So ertragreich, wie die Zusammenarbeit für die an der Erstellung des MATERIALIEN-Hefts „Baden 1933“ beteiligten Partner war, so vielfältig und ergiebig erhoffen sich diese die Verwendung des Hefts in und außerhalb der Schule.

Das Heft kann über die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg bezogen oder online als PDF-Datei heruntergeladen werden: https://www.lpb-bw.de/bausteine.html.

Auf unserer Homepage sind die von Studierenden entwickelten Unterrichtsmaterialien einsehbar; ebenso sind dort Berichte über die „Denkwerk“-Zusammenarbeit zu lesen und einige der Schülerarbeiten dokumentiert: https://ns-ministerien-bw.de/materialien/fuer-schulen/; https://ns-ministerien-bw.de/category/blog/; https://ns-ministerien-bw.de/materialien/schule/

Weitere zahlreiche Unterrichtsmaterialien finden sich in der Rubrik „Für Schulen„.

 

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