Paul Schmitthenner, Staatsminister und Leiter des Kultusministeriums
Schmitthenner, am 2. Dezember 1884 in Neckarbischofsheim geboren, schlug nach dem Besuch eines Heidelberger Gymnasiums eine militärische Laufbahn ein, die ihn 1915 bis in den Rang eines Generalstabsoffiziers brachte. Als hochdekorierter Weltkriegssoldat nahm er 1919 ein Geschichtsstudium auf, das er 1922 mit der Promotion in Heidelberg abschloss. Dort habilitierte sich Schmitthenner 1928 und erhielt die venia legendi für die „Geschichte des Kriegswesens“. Die weiteren wichtigen akademischen Karriereschritte erfolgten erst nach der nationalsozialistischen Machtübernahme: im Mai 1933 Ernennung zum planmäßigen außerordentlichen Professor, im Oktober 1937 zum ordentlichen Professor für Wehrpolitik und Wehrwissenschaft und im November 1938 zum Rektor der Universität Heidelberg.
Politisch trat Schmitthenner zunächst in der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) hervor, für die er seit 1925 dem badischen Landtag angehörte. Da nach der nationalsozialistischen Machtübernahme auch in Baden ein Koalitionskabinett aus NSDAP und DNVP gebildet werden sollte, wurde Schmitthenner zum Kandidaten für ein Ministeramt. Er selbst strebte im März 1933 die Übernahme des Ministeriums für Kultus und Unterricht an, das Gauleiter Robert Wagner aber bereits Otto Wacker zugesagt hatte. Schmitthenner musste sich mit der Funktion eines ressortlosen Staatskommissars begnügen. Im Mai 1933 wurde er zum Staatsrat ernannt, im September zum Staatsminister im badischen Staatsministerium. Die mit diesem Amt verbundenen Pflichten blieben überschaubar: Schmitthenner nahm an den Kabinettssitzungen teil und übernahm gelegentlich repräsentative Aufgaben, ohne sich jedoch im gleichen Maße wie seine Ministerkollegen mit dem landespolitischen Tagesgeschäft zu befassen.
Schmitthenner, der im Oktober 1933 der NSDAP beitrat, widmete sich bis zum Kriegsbeginn hauptsächlich seinen wehrgeschichtlichen Arbeiten, denen er eine zentrale Bedeutung im nationalsozialistischen Erziehungssystem zumaß, und der Heidelberger Universitätspolitik. Die Chance zu direkterer politischer Wirksamkeit bot sich ihm, als er nach dem Tode Wackers im Juni 1940 mit der kommissarischen Wahrnehmung der Geschäfte des badischen Ministers des Kultus und des Unterrichts betraut wurde; die bereits 1933 erhoffte Ernennung zum Minister dieses Ressorts blieb ihm allerdings erneut verwehrt. Auch die Leitung der Abteilung Erziehung, Unterricht und Volksbildung des Chefs der Zivilverwaltung im Elsass wurde ihm 1940 übertragen. Seine verschiedenen Ämter in Heidelberg, Karlsruhe und Straßburg übte er bis zum Kriegsende parallel aus. Schmitthenner, der nach Internierungshaft und Entnazifizierungsverfahren ganz aus der Öffentlichkeit zurückgezogen lebte, starb am 12. April 1963 in Heidelberg.
Blogartikel mit Bezug zu Paul Schmitthenner:
Frank Engehausen: Durchhalteparolen aus dem Heidelberger Hotel Viktoria – Paul Schmitthenner als Leiter des badischen Kultusministeriums in den letzten Kriegswochen 1945
Frank Engehausen: Materialsammlung für ein Heldenepos? Ein Bericht über den Tod des Ministerialdirektors Karl Gärtner beim Rückzug der deutschen Besatzer aus Straßburg im November 1944
Frank Engehausen: „ein gewisser Stock von ehrlichen, treuen und gewissenhaften Beamten“ – ein Rückblick des Freiburger Historikers Gerhard Ritter auf die Wissenschaftspolitik in Baden vom Jahresende 1945
Weiterführende Literatur:
Lennartz, Ulrike: Ein badischer „Preuß“. Paul Schmitthenner, Badischer Staatsminister, in: Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg, hrsg. von Michael Kißener und Joachim Scholtyseck, Konstanz 1997, S. 623-654.
Fichtenau, Viktor: Prof. Dr. Paul Schmitthenner: „Universität als Stätte wehrpolitischer Erziehung“, in: Täter Helfer Trittbrettfahrer, Bd. 7: NS-Belastete aus Nordbaden + Nordschwarzwald, hrsg. v. Proske, Wolfgang, Gerstetten 2017, S. 257–271.